Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie macht Immobilienfinanzierung deutlich schwieriger

Traumhaus gefunden - und dann klappt die Finanzierung nicht. Ein Albtraum... (Foto: Markus Burgdorf)
Traumhaus gefunden - und dann klappt die Finanzierung nicht. Ein Albtraum... (Foto: Markus Burgdorf)

Wir haben historisch niedrige Zinsen. Seit 3.000 Jahren war es noch nie so billig, sich Geld zu leihen. Also müsste das eigene Heim, die eigene Wohnung nun besonders günstig zu finanzieren sein. Genau das liest man auch überall. Nicht nur bei den Immobilienanbietern, sondern auch bei Banken. Eine Traumsituation für alle, die zum Kauf ihrer Wunschimmobilie einen Kredit aufnehmen müssen. Und eine Traumsituation für alle, die jetzt eine Immobilie verkaufen möchten oder vom Immobilienverkauf leben.

Dazu die politische Situation: Die Europäische Zentralbank druckt Euros und kauft für Milliardenbeträge jeden Monat Anleihen auf – man pumpt viel Geld in die Märkte. Doch das ändert nichts an den Problemen: Die Rekordverschuldung in Europa steigt weiter, hohe Arbeitslosigkeit in Südeuropa, Industrieproduktion in Südeuropa zu gering, Negativzinsen – Ersparnisse verlieren an Wert. Da wäre die Investition in Sachwerte genau richtig. Also zum Beispiel Immobilien.

Traumhaus gefunden - und dann klappt die Finanzierung nicht. Ein Albtraum... (Foto: Markus Burgdorf)
Traumhaus gefunden – und dann klappt die Finanzierung nicht. Ein Albtraum… (Foto: Markus Burgdorf)

Doch, es ist nicht ganz so, wie es scheint. Und daran hat unter anderen auch mal wieder Brüssel schuld. Denn dort wurde bereits 2014 für die gesamte EU eine Wohnimmobilienkreditrichtlinie verabschiedet, die dem Schutz des Verbrauchers dienen soll, aber doch etwas über das hehre Ziel des Verbraucherschutzes herausgeschossen ist (Hier der genaue Wortlaut der Wohnimmobilienkreditrichtlinie). Diese Richtlinie wird nun umgesetzt.

Ablehnungsrate steigt bei Immobilienkrediten

Letzte Woche war ich im Gespräch mit Experten für Immobilienfinanzierung und fragte sie, ob sie Auswirkungen spüren. Ich nenne jetzt die Bank nicht, denn ich möchte nicht, dass die Herren Schwierigkeiten bekommen, weil sie ehrlich geantwortet haben. Sie sagten, dass bei rund einem Drittel der Kreditanträge nun leider abgesagt werden müsse. Der Kreditnehmer müsse nämlich beweisen, dass er über die gesamte Laufzeit der Immobilienfinanzierung die Raten zahlen könne. Das sei besonders schwierig, wenn die Kreditnehmer im Verlauf der Rückzahlung ihres Immobiliendarlehens ins Rentenalter kämen. Es werde jetzt dreimal geprüft: Kann der Kreditnehmer jetzt zahlen, kann er nach Ablauf einer Zinsbindung und dann höheren Zinsen bei der Prolongation auch noch zahlen und ist seine Rente ausreichend, um den Kredit dann auch noch bedienen zu können?

Diese Woche habe ich dann nochmal mit anderen Immobilienfinanzierern gesprochen. Dort sah man die Lage noch nicht so dramatisch, man sei aber auch im Vorteil, weil man intensiv vorher berate, die Kreditnehmer vorher durchleuchte und dann eine Auswahl von Banken hätte. Da gäbe es bisher keine Probleme. Heute erfahre ich von einem größeren Immobilienanbieter, dass hinter vorgehaltener Hand bei manchen Banken schon von Ablehnungsraten von über 40 Prozent gesprochen wird.

Allerdings müsse man auch die Banken verstehen. Wenn ein Kredit ausfalle, sei es in dieser Niedrigzinssituation wesentlich schwerer, die Verluste aufzufangen. Insofern sei die Richtlinie auch eine Hilfestellung, die das Risiko des Immobilienkredites nicht nur für die Verbraucher sondern auch für die Banken senke.

Lebensunterhalt muss sichergestellt sein

Wieviel Geld braucht man zum Leben? Diese Frage nimmt bei der Immobilienkreditentscheidung eine wichtige Rolle ein. Pro erwachsener Person werden heute pro Monat 600 Euro erwartet, für jedes Kind kommen nach Kindergeld nochmal 150 Euro dazu. Das entspricht 1.500 Euro für ein Paar mit zwei Kindern. Dabei wird aber auch schon so kalkuliert, dass ein Partner eventuell als Geldverdiener ausdfallen könnte.

Wenn es hier knapp wird, winken die Banken schon ab. Manche legen dem Kreditvertrag auch gleich den Antrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei. Wenn die so abgeschlossen wird, dass bei Berufsunfähigkeit kein Einkommensverlust eintritt, ist die Versicherung selbst schon sehr kostspielig. Versicherung und Immobilienkredit zusammen überfordern dann viele Normalverdiener.

Wie hoch wird Ihre Rente sein?

Bei „älteren Bauherren“, also bei allen, bei denen die Finanzierung bis ins Rentenalter reichen könnte, muss man sich darauf gefasst machen, dass die Bank auch einen Beleg zur erwarteten Rentenhöhe verlangt. Das ist für viele Bauherren ab 40 Jahre bereits ein mögliches Problem. Dem kann man nur entgehen, wenn man die Laufzeit so wählt, dass man zu Beginn der Rente bereits mit der Rückzahlung fertig ist. Das bedeutet: Tilgung spürbar erhöhen.

Ein Neubau kann die Lösung sein

Das scheint nicht aufzugehen, oder? Ist eine Bestandsimmobilie nicht günstiger? Aber tatsächlich kann der Bau eines neuen Hauses die Finanzierungsrahmenbedingungen so verändern, dass aus einer Absage eine Zusage wird. Bei neu gebauten Häusern greifen die Förderkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau, wenn das Haus mindestens Effizienzhaus 55 Standard erfüllt. Zudem gibt es Hausbauunternehmen, deren neu gebaute Häuser von den Banken mit einem höheren Wert angesetzt werden. Das erhöht die Sicherheit für die Bank. So können zum Beispiel Häuser von OKAL Haus auch mit geringem Eigenkapital finanziert werden. Mit dem Eigenkapital werden dann nur die Nebenkosten beglichen. Das fertig gebaute Haus wird mit 120% der Baukosten bewertet, das liegt zum Beispiel neben innovativer Technik (Hauskraftwerk, Haussteuerung, Solarstrom) auch an der nachhaltigen Bauweise und dem DGNB-Zertifikat in Gold, mit dem ein höherer Wiederverkaufspreis wahrscheinlich ist.

Falle Prolongation, also Kreditverlängerung

Nehmen wir mal einen typischen Fall. Ein Immobiliendarlehen wurde vor zehn Jahren abgeschlossen mit einer Zinsfestschreibung von 10 Jahren. Nach zehn Jahren ging so ein Kredit normalerweise ohne Probleme in die Verlängerung. Waren die Zinsen niedriger, freute man sich, denn die Rate sank. Mit der Wohnimmobilienkreditrichtlinie kann nun aber passieren, dass der Kredit nicht mehr verlängert wird. Weil die neuen Anforderungen nicht erfüllt werden – das ist bei all denen wahrscheinlich, wo das Immobiliendarlehen „auf Kante“ genäht worden war. Also bei Normalverdienern. In dem Fall würde dann der Kredit zur Ablösung fällig werden – und wenn die Haus- oder Wohnungseigentümer nicht den Kredit ablösen können, droht der Verlust ihrer Immobilie und die Zwangsversteigerung.

Deshalb: Wer heute einen so zinsgünstigen Immobilienkredit bekommt, sollte die Zinsen über die gesamte Laufzeit festschreiben, so dass es garnicht erst zu einer Prolongationsverhandlung kommt.

Erst die Finanzierung, dann die Suche nach der Immobilie

Ich stelle mir gerade vor, dass eine Familie seit Monaten auf der Suche nach einem Haus ist. Nun hat sie endlich ihr ganz persönliches Traumhaus gefunden: ideale Lage, toller Grundriss, schönes Grundstück, alles passt. Und dann kommt die Absage von der Hausbank. Die Zeit drängt und der Stress steigt ins Unermessliche.

Vermeiden kann man diese Situation nur, wenn man entweder deutlich überdurchschnittlich verdient oder schon vor der Suche die Finanzierungsmöglichkeiten mit den Banken bespricht. Es macht Sinn, seinen persönlichen Finanzierungsrahmen mit der Bank oder dem Immobilienkreditmakler zu besprechen. So erfährt man auch, ob es überhaupt Sinn macht, sich auf die Suche nach einer passenden Immobilie zu machen und in welcher finanziellen Größenordnung man suchen sollte.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Wir freuen uns, wenn Sie mit uns und anderen Lesern  über Ihre Erfahrungen mit Immobilienkrediten diskutieren. Schreiben Sie einfach einen Kommentar – wir freuen uns auf Ihre Beiträge.

 

 

Über Markus Burgdorf 232 Artikel
Markus Burgdorf ist Journalist und PR-Berater im Bereich Immobilien. Seit vielen Jahren schreibt er über alles, was mit Immobilien zusammenhängt. Er wohnt selbst in einer ehemaligen Schule, die er mit seiner Partnerin zum Wohnen und Arbeiten umbaut.

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